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Gen-Umwelt-Interaktionen und epigenetische Einflüsse: Dunedin-Studie und holländische Hungerstudie

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Einige epidemiologische Studien zeigen, dass das Risiko für Krankheit im Erwachsenenalter mit ungünstigen Umweltbedingungen in frühen Entwicklungsphasen assoziiert ist. Epigenetischer Dysregulation wird eine Mitwirkung zugesprochen.

In einer prospektiven Längsschnittstudie (Dunedin-Studie) von Caspi et al. (2003)1 wurde an einer repräsentative Geburtenkohorte untersucht, warum stressvolle Erfahrungen bei einigen zu Depressionen führen und bei anderen nicht. Der funktionelle Polymorphismus in der Promotorregion des Serotonintransporter (5-HTT) -Gens moderierte den Einfluss von stressvollen Lebensereignissen auf die Entwicklung einer Depression. Individuen mit einem oder zwei kurzen Allelen des 5-HTT-Längenpolymorphismus (5-HTTLPR) zeigten mehr depressive Symptome, diagnostizierte Depressionen und Suzidalität in Bezug auf die stressvollen Lebensereignisse, als Homozygote des langen Allels. Diese Studie belegt eine Gen-Umwelt-Interaktion, in welcher die Reaktion von Individuen auf negative Umwelteinflüsse durch ihren genetischen Code moderiert wird.

Die Studie von Heijmans et al. (2008)2 sollte einen Nachweis des Einflusses der Umwelt auf genetische Veränderungen erbringen. Dabei war eine Fragestellung, ob die pränatale Mangelernährung einen Einfluss auf epigenetische Veränderungen im Erwachsenenalter hat. Außerdem sollte der Einfluss des Zeitpunktes des Eintretens der Mangelernährung während der Schwangerschaft untersucht werden. Dabei setzte sich die Stichprobe zusammen aus Probanden, deren Familien den Hungerwinter 1944/1945 in den Niederlanden erlebt hatten (Niederländische Hungerstudie). Während der deutschen Besetzung in dem besonders harten Winter 1944/1945 wurden die niederländischen Lieferwege blockiert und die Menschen erlitten eine Hungersnot. Untersucht wurde in der Studie 60 Jahre später die DNA-Methylierung des imprintet IGF2-Gens, einem Wachstumsfaktor, der an der Zelldifferenzierung und der lokalen Kommunikation zwischen Zellen beteiligt ist. Bei Probanden, die der Hungersnot pränatal ausgesetzt waren, zeigte sich eine geringere Methylierung als bei ihren gleichgeschlechtlichen Geschwistern, die außerhalb der Hungersnot gezeugt wurden. Diese Assoziation zeigte sich besonders stark bei Individuen, die in einer frühen Schwangerschaftsphase dem Hunger ausgesetzt waren, was die These unterstützt, dass die frühe Säugetierentwicklung eine kritische Phase für den Aufbau und die Aufrechterhaltung epigenetischer Marker gilt. Diese Daten zeigen den ersten empirischen Beleg, dass frühe Umweltbedingungen epigenetische Veränderungen bei Menschen bewirken können, die durch das ganze Leben fortbestehen.

Ähnliche epigenetische und gesundheitliche Untersuchungen mit den Nachkriegskindern und Kriegskindern wären mit einer reaktivierten Stichprobe möglich.

  1. Caspi, A., Sugden, K., Moffitt, T. E., Taylor, A., Craig, I. W., Harrington, H., McClay, J., Mill, J., Martin, J., Braithwaite, A. & Poulton, R. (2003). Influence of life stress on depression: moderation by a polymorphism in the 5-HTT gene. Science, 301, 386-389.
  2. Heijmans, B. T., Tobi, E. W., Stein, A. D., Putter, H., Blauw, G. J., Susser, E. S., Slagboom, P. E. & Lumey, L. H. (2008). Persistent epigenetic differences associated with prenatal exposure to famine in humans. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 105, 17046-17049.

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